Liebe Leserinnen und Leser,
In der aktuellen Diskussion um Medical Wellness scheint sich die Frage,
ob und inwieweit ein Mediziner in die Abläufe eines Medical Wellness-Betriebes eingebunden sein muss, zur Gretchenfrage zu entwickeln. Anders als die im Januar verabschiedete Definition, nach der die jeweiligen Maßnahmen »nur« gesundheitswissenschaftlich begleitet werden brauchen, fordert der Deutsche Medical Wellness Verband e.V. (DMWV) die Mitverantwortung eines Arztes. Entscheidend wird sein, was der Gast will. Will er in erster Linie entspannen und sich etwas Gutes tun, kannn er aus einer ganzen Reihe erstklassiger Wellness-Hotels mit gehobener Ausstattung, großzügigen Spa-Anlagen und überzeugenden Angeboten wählen. Es steht außer Frage, dass eine solche »passive« Wellness das Lebensgefühl steigert, zur Regeneration beiträgt und natürlich auf die Gesundheit auswirkt.
»Will er hingegen nachhaltig etwas für seine Gesundheit tun, durchaus bestimmte Gewohnheiten zugunsten einer gesünderen Lebensführung aufgeben und Hinweise und Tipps für konkrete Anwendungen erhalten, bedarf es ohne Zweifel einer möglichst umfassenden und ganzheitlichen Kenntniss seines gesundheitlichen Status Quo«, formuliert Lutz Lungwitz, 1.Vorsitzender des DMWV. Der Gast muss wissen, ob er »für die körperliche Belastung geeignet ist, der er sich freiwillig und auf eigene Kosten aussetzt.« (vgl. Interview mit Prof. Dr. Ekkernkamp, S. 22). Erst mittels einer medizinischen Voruntersuchung – die Angebote reichen vom einfachen Eingangsgespräch über mehrstündige Manager-CheckUps bis hin zum umfassenden Diagnostik-Programm – lassen sich bestimmte Risiken erkennen und individuelle Programme erstellen, die dem Gast langfristig nutzen.
Das ist auch das Ergebnis eines längeren Expertengesprächs, welches wir
am Rande der letzten DMWV-Beiratssitzung führen konnten. Darin wurde erneut auf die Notwendigkeit eines einheitlichen Qualitätssiegels für Medical Wellness-Betriebe hingewiesen. »Das Interesse verschiedener Zertifizierungsgesellschaften, auf diesem Gebiet aktiv zu werden, bestätigt die hohe Aktualität des Themas« betont Lutz Lungwitz. »Es darf jedoch nicht dazu führen, dass jeder seinen eigenen ›Standard‹ entwickelt und nach unterschiedlichen Kriterien zertifiziert. Wir würden damit Anbietern und Gästen einen Bärendienst erweisen und eine seriöse Aussage über die Qualität von Medical Wellness-Einrichtungen der Beliebigkeit opfern!«
Angesichts der Nachricht, dass der TÜV Rheinland im Sommer sieben weitere Hotels in Ungarn, Tschechien und der Slowakei nach dem Medical Wellness Quality System Standard des DMWV zertifiziert werden konnte, drängt sich die Frage auf, warum das neue Siegel im Ausland stärker nachgefragt wird als bei uns. »Die Ungarn sind auf Grund ihrer 100-jährigen Bädertradition einfach weiter als wir« erklärt dazu Olaf Seiche vom TÜV Rheinland. »Aber keine Sorge. Wir haben auch etliche Anfragen von deutschen Reiseveranstaltern und Hoteliers auf dem Tisch«.
Steffen Wilbrandt
Chefredakteur