Der Versuch einer begrifflichen Abgrenzung mit dem Ziel
einer professionellen Orientierung in Medical Wellness-Betrieben
Aktuell werden die Begriffe Prävention, Wellness und Medical Wellness oft synonym gebraucht, vermischt und unzureichend gegeneinander abgegrenzt, obwohl es durchaus Unterschiede gibt. Der nachfolgende Artikel ist ein Versuch, diese Unterschiede aufzuzeigen.
In der gesamten medizinischen Historie ist Prävention, also zu deutsch: Vorbeugung bekannt. Das heißt, überall und zu allen Zeiten war man von der Idee überzeugt, dass es nicht ausreichend ist, einen kranken menschlichen Körper oder Organismus zu heilen, also im Prinzip zu „reparieren“ – sondern auch, dass man Maßnahmen ergreifen kann (und in Konsequenz soll), die dem Körper einen Zustand ermöglichen, in dem er erst gar nicht krank wird: Die Vorbeugemaßnahmen.
Es wird also davon ausgegangen, dass eine Polarisation krank – gesund eines menschlichen Körpers besteht und dass durch Vorbeugemaßnahmen die Situation zum Pol „gesund“ verschiebbar ist. Vorbeugeempfehlungen und -maßnahmen können allgemeiner Natur sein, beispielsweise das Anziehen warmer, schützender Kleidung im Winter – aber auch sehr speziell. Ein wunderbares Beispiel für eine spezielle Vorbeugungsmaßnahme ist eine Impfung: Es wird erwartet, dass der Organismus mit einem Krankheitserreger in Kontakt kommen kann, gegen den er sich ohne zuvor (durch das eigene Immunsystem!) aufgebauten Schutz nicht ausreichend zur Wehr setzen könnte: Der Organismus erkrankt, im Extremfall erliegt er der Infektion. In der Tat war die Erkenntnis, dass eine spezifische Abwehr gegen Erreger erzeugt werden kann, indem man Keime, abgetötete Keime oder Teile von ihnen in den Organismus einbringt, damit dieser einen Schutz aktiv aufbaut gegen das, was ihn ohne diese Maßnahme vielleicht sogar getötet hätte, eine der bahnbrechenden Erkenntnisse in der Medizin. Eine Erkenntnis übrigens, die die durchschnittliche Lebenserwartung weltweit massiv positiv beeinflusst hat. Umso weniger verständlich, dass diese hochgradig sinnvolle Prävention aktuell eher etwas inkonsequenter als früher verfolgt wird. Wissen Sie, wie lange Ihr Schutz gegen Wundstarrkrampf noch anhält?
Unschwer ist zu erkennen, dass Prävention unterschiedliche Ansprüche und Qualitäten hat. Von ganz banal bis hochspezialisiert können Präventionsmaßnahmen ausgelegt sein, mein Vorschlag ist, diesen Begriff als Oberbegriff zu verwenden, wenn mit einer Maßnahme ein definiertes, greifbares und mindestens statistisch belegbares Ziel verfolgt wird. Eine Präventionsmaßnahme, insbesondere eine mit dem Anspruch einer medizinischen Prävention muß sich an einem klaren Verständnis dafür messen lassen, auf welcher Grundlage und auf welchen Wirksamkeiten mit welchem definierbaren Ziel die Präventionsmaßnahme erfolgt.
Kriterien einer medizinischen Prävention sollten sein:
Der Begriff „Wellness“ bedeutet Wohlbefinden. In diesen Begriff spielen alle Kriterien des menschlichen Befindens hinein, sowohl die messbaren („harten“) , aber auch die sogenannten „weichen“ – die sich selbst mit unseren heutigen Methoden nicht messen lassen: Gefühle, Empfindungen, Meinungen, Ansichten, usw. So kann nach Genuss eines „Wellness“-Tees ein wohliges Gefühl im Bauch entstehen: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan oder nicht?
Ich bin sehr wohl der Meinung, dass hier genau so von „Wellness“ gesprochen werden darf wie vor der „Internationalisierung“ unserer Sprache von Wohlbefinden. Dieser Begriff ist allgemein gehalten und sagt eben nichts Konkretes aus!
„Medical Wellness“ sollte sich einem anderen Anspruch stellen: das Bindeglied zwischen medizinischer Prävention mit relativ „harten“ Kriterien bezogen auf Qualität, Ziel- und Messgrößen für den Erfolg der Maßnahmen und dem wenig Greifbaren, Angenehmen zu sein. Grundsätzlich sei der Satz von Hippokrates in Erinnerung gerufen, der forderte, mit medizinischen Maßnahmen keinem Heilsuchenden zu schaden.
Den Wohlfühleffekt dürfen die Maßnahmen aber auch als „weiches“ Kriterium durchaus mit einbinden. Man könnte den Stellenwert von Medical Wellness vielleicht auf folgenden Punkt bringen: Medizin muss nicht bitter schmecken!
Hierzu ist eine medizinische Beratung von ausgebildetem Fachpersonal vor Anwendung der Maßnahme zwingend zu fordern. Der Kunde muss sich die Vor- und Nachteile der gewünschten Maßnahme verständlich und für ihn nachvollziehbar erklären lassen können, um sich auf dieser Grundlage dafür oder dagegen zu entscheiden. Der spezielle Nutzen für den Gast sollte belegbar, die Maßnahme untersucht und ärztlich positiv bewertet worden sein – nach jeweils aktuellem Kenntnisstand.
Im Falle einer Gefährdung (95-Grad-Sauna bei gleichzeitiger Anwendung von mehreren Blutdruckmedikamenten) der an der Anwendung interessierten Person muss ihr die Anwendung notfalls verweigert werden, auch und gerade in kommerziell betriebenen Einrichtungen wie Spa’s oder Fitnesscentern.
Eine ärztliche Untersuchung mit individuellem Risikoprofil der Personen vor Anwendung von „Medical Wellness“ in seinen vielen Schattierungen ist also unerlässlich. Sie ist ein eindeutiges Qualitätsmerkmal und wird von seriösen „Medial Wellness“-Einrichtungen sicher entweder selbst angeboten oder mindestens gefordert (Attest!). Betriebe, die hierauf verzichten, sollten die Bezeichnung „Medical Wellness“ keinesfalls führen dürfen.
Hierfür wird und muss sich der DMWV e.V. als Branchenverband mit medizinischem Anspruch einsetzen und so seinen Beitrag zur Volksgesundheit und Verbrauchersicherheit leisten. Die angelaufenen Zertifizierungen von Medical Wellness-Einrichtungen in Deutschland und Mitteleuropa sind sicher nur ein erster Schritt in diese Richtung.
Dr. med. E. Tietze ist Geschäftsführer der „Forum Männergesundheit –
Dr. Tietze GmbH & Co. KG“, Hamburg,
Kontakt: www.forummaennergesundheit.de