Salutogenese – eine Säule von Medical Wellness
Das Konzept der Salutogenese (von lat.: salus = gesund, griech.: Genese = Entstehung) beschreibt Kräfte, die dem Menschen helfen, Gesundheit zu entwickeln. Mit diesem Konzept fand ein neues Denken Eingang in die Medizin und erweiterte sie zur Gesundheitswissenschaft.
Antonovsky hat in seinem Modell der Salutogenese auf der Basis zahlreicher empirischer Studien an den verschiedensten Bevölkerungsgruppen die Antworten auf die Frage »Wer wird krank?« und »Wer bleibt gesund?« zusammengefasst. Danach bleiben Individuen und Gruppen auch unter hohen Belastungen eher gesund, wenn sie ein in drei Dimensionen beschreibbares Grundvertrauen haben:
1. die Ereignisse im Leben strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind (comprehensibility / Verstehbarkeit);
2. die Ressourcen verfügbar sind, um den aus den Ereignissen stammenden Anforderungen gerecht zu werden (manageability / Machbarkeit);
3. diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Intervention und Engagement lohnen (meaningfulness / Bedeutsamkeit).
Diese drei Faktoren, die Verstehbarkeit, die Machbarkeit und die Bedeutsamkeit, bilden zusammen den »sense of coherence«, zu deutsch etwa das Gefühl, in einer verstehbaren, beeinflussbaren und sinnstiftenden Welt zu leben. Je größer der sense of coherence bei Menschen ist, um so größer ist in der Regel ihre Fähigkeit, gesundheitliche Belastungen auszuhalten ohne krank zu werden.
Es ist keineswegs plausibel, dass der Kohärenzsinn ausschließlich angeboren oder durch frühkindliche Sozialisation für das ganze Leben festgelegt ist. Empirische Befunde über die Wahrnehmung und Verhalten sowie Theorien des sozialen Lernens verweisen darauf, dass der Kohärenzsinn und seine praktischen Handlungsfolgen durch die fortschreitenden Lebenserfahrungen ständig beeinflusst wird.
Die Analyse der Anwendungsfelder der Salutogenese zeigt, dass sie in der Gesundheitsförderung und Prävention, in der Psychosomatik und Psychotherapie sowie in der Rehabilitation Anwendung findet.
In allen Bereichen trifft die Salutogenese auf Entwicklungen, die sich sehr gut mit ihren Annahmen und Aussagen verbinden lassen: Ressourcenorientierung, Ausrichtung auch auf gesunderhaltende Faktoren, Ganzheitlichkeit, Konzentration auf Kompetenzerwerb, Betonung von Umweltaspekten, positive Definition von Gesundheit und Kritik am Pathologiekonzept.
Eine große Reihe von Forschungsergebnissen zur Salutogenese aus verschiedensten Wissenschaftsdisziplinen und die ganze Breite der Merkmale sozialer Kompetenz findet immer mehr Eingang in die innerbetriebliche Gesundheitsförderung und die außerbetriebliche Interaktionsgestaltung (Handel, Banken, Versicherungen, Verwaltungen, Industrie, und in letzter Zeit auch vermehrt Bildungseinrichtungen).
Die Einrichtungen zum Medical Wellness werden verstärkt beraten und in die Lage versetzt, Prinzipien und Forschungsergebnisse der Salutogenese zu adaptieren. Eine große Reihe von empirischen Forschungsergebnissen zur Salutogenese wurde zwar vom Bundesforschungsministerium schon Ende der 90er Jahre veröffentlicht, finden aber bisher zu wenig Anwendung. Dazu kommt, dass ständig neue, sehr in die Medical Wellness-Einrichtung passende Forschungsergebnisse hinzukommen.
Die Schulung und Anwendung dieser Forschungsergebnisse zu gesundherhaltenden Faktoren, Ganzheitlichkeit und Kompetenzerwerb beim Personal der Medical Wellness-Einrichtungen verfolgt zwei Ziele: 1) Gesundheitsförderung für das Personal der Einrichtungen, 2) Weitergabe und Umsetzung für Gäste als deutliches Standbein der Gesundheitsberatung im Medical Wellness-Bereich.
Gottfried Neuhaus
(aus MW 02/2007)